Jünglingsverein

Eine alte Postkarte erzählt uns eine Geschichte
von Manfred Kuzel

Ehe ich mit dieser Geschichte beginne, möchte ich mich bei Frau Anna Bigler aus Sitzenhart recht herzlich bedanken, daß sie mir die folgende Postkarte zur Verfügung gestellt hat.

Diese Postkarte aus dem Jahre 1909, hergestellt von "Josef Henk, Photograph, Oberhollabrunn" erzählt uns zunächst, daß es zu dieser Zeit einen Katholischen Jünglingsverein "Edelweiß" in Sitzendorf gab. Dieser Verein wurde übrigens später in "Katholischer Burschenverein Edelweiß" umbenannt und existierte bis knapp vor dem 2. Weltkrieg. Dieses Faktum könnte man vielleicht auch in anderen Quellen recherchieren und dort fündig werden. Betrachtet man allerdings die Rückseite der Postkarte, so kommt wahrlich eine Kuriosität zum Vorschein.

Sie ist an "Freulein Hani Auhtried" in Gettsdorf adressiert, was ja auch noch keine Besonderheit darstellt. Die Briefmarke wurde leider recht unfachmännisch demontiert, sodaß bedauerlicherweise auch nicht mehr erkennbar ist, ob die Postkarte im Entstehungsjahr oder später zum Versand gelangt ist. Daß es sich allerdings um eine besondere Nachricht gehandelt hat, läßt sich aus dem Vermerk "bitte nur eigenhändig" ganz unten im Adressfeld schließen. Aber auch das ist noch nicht die ganze Geschichte dieser Postkarte. Der Text ist nämlich in einem Geheimcode geschrieben, was man aus nachfolgender Vergrößerung eines Textausschnittes unschwer erkennen kann.

         

Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine Liebesbotschaft eines auf der Vorderseite der Postkarte abgebildeten Jünglings an seine Angebetete "Hani", die sich wohl zu dieser Zeit im heiratsfähigen Alter befunden haben mag. Leider ist die Postkarte nicht unterschrieben oder wenn, dann auch in dieser verschlüsselten Form, sodaß über den Absender nichts ausgesagt werden kann. Genaue Recherchen würden es wahrscheinlich ermöglichen, die Identität der Empfängerin auch heute noch festzustellen, die Identität des Absenders und die Beziehung, in der die beiden jungen (?) Leute gestanden haben, wird sie wohl für immer mit ins Grab genommen haben. Die letzten 3 Buchstaben im Text lassen allerdings eine Spekulation offen, sie lauten nämlich "F.J.B.". Steht F.J. für Franz-Josef und das B. für Bigler? Ich werde Frau Bigler darüber noch befragen müssen!

P.S.: Die Befragung von Frau Bigler erbrachte leider kein brauchbares Ergebnis, denn sie weiß auch nicht, wer dieser "F.J.B." sein könnte. Aber mehrere Mitgleider des Geselligkeitsvereins Sitzendorf haben auf dieser Postkarte noch ihre Väter erkannt!